19. April 2023

Neue Seniorprofessur an Professor Detlef Müller-Mahn verliehen Neue Seniorprofessur an Professor Detlef Müller-Mahn verliehen

In einem Interview haben wir Prof. Dr. Müller-Mahn einige Fragen zu seiner Seniorprofessur gestellt. Bis Ende 2022 leitete Prof. Müller-Mahn knapp zehn Jahre lang die Arbeitsgruppe Geographische Entwicklungsforschung am GIUB. In dieser Zeit führte er zahlreiche Forschungsprojekte, unter anderem den Sonderforschungsbereich „Future Rural Africa“ in der ersten Phase, an dessen Beantragung und Einwerbung er maßgeblich beteiligt war. In seiner Forschung und Lehre befasst er sich mit der räumlichen Dimension und multiskalaren Prozessen von sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Entwicklung. Die Gründe und Konsequenzen von ungleicher Entwicklung auf verschiedenen Skalen sowie die Kritik von „Entwicklung“ als soziales Konstrukt werden untersucht. Die Arbeiten befassen sich mit dem globalen Süden und Norden, um die schnellen Transformationen und die steigende Vernetzung in einer globalisierten Welt zu berücksichtigen.

Prof. Müller-Mahn
Prof. Müller-Mahn © Andreas Schoelzel
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Anna Schoch-Baumann: Prof. Müller-Mahn, Sie haben seit 1.01.2023 eine Seniorprofessur an der Uni Bonn inne. Sie hätten auch in den Ruhestand gehen können. Was hat Sie angetrieben, weiterhin als Professor an der Universität tätig zu sein?

Detlef Müller-Mahn: Ruhestand heißt ja nicht unbedingt, dass man sich zur Ruhe setzt. Viele Professorinnen und Professoren bleiben nach ihrer Pensionierung wissenschaftlich aktiv oder engagieren sich anderweitig. Ich habe das Privileg, dass ich das auf Grundlage eines Dienstvertrages mit der Uni tun darf. Was mich dabei angetrieben hat, ist ganz einfach die Freude zu forschen und weiterhin meiner wissenschaftlichen Neugier nachgehen zu können. Dafür gibt es keine Altersbegrenzung.

 

AS: Was unterscheidet die Seniorprofessur von einer regulären Professur? Werden Sie weiterhin in der Lehre tätig sein?

DMM: Die Unterscheidung ist nicht so ganz eindeutig, weil es keine Satzung gibt, die dies regelt. Deshalb wissen manche Institute auch nicht so recht, was sie mit „Senioren“ wie mir anfangen sollen, außer dass diese weiter ein Büro unterhalten und auf dem Mailverteiler stehen. Kurz gesagt, als Seniorprofessor habe ich reduzierte Pflichten, aber alle Rechte eines – wie Sie sagen – regulären Professors. Zu meinen Pflichten gehört ein Lehrdeputat von 2 SWS. Meine Rechte umfassen unter anderem das Promotionsrecht, die Betreuung von Abschlussarbeiten und die Nutzung universitärer Einrichtungen. Das gibt mir die Freiheit, mich noch stärker als bisher auf die Wissenschaft zu konzentrieren.

 

AS: Was sind die Voraussetzungen, damit man überhaupt eine Seniorprofessur, die ja auch eine Ehrung eines Wissenschaftlers durch die Universität ist, bekommen kann?

DMM: Es stimmt, auf eine Seniorprofessur kann man sich nicht bewerben, sondern die wird einem verliehen. Man kann das durchaus als Anerkennung für vorherige Leistungen verstehen, in meinem Falle wohl für meinen Beitrag zum Aufbau des Sonderforschungsbereiches SFB-TRR 228 „Future Rural Africa“. Wesentlich sind aber nicht nur solche „past merits“, sondern auch konkrete Erwartungen hinsichtlich zukünftiger Leistungen. Insofern verstehe ich diese Position auch als Verpflichtung, mich weiterhin für meine Universität einzusetzen.

 

AS: Was vermissen Sie am meisten von Ihrer Arbeit als "normaler" Professor, als der Sie bis Ende 2022 am Geographischen Institut tätig waren? Und was am wenigsten?

DMM: Ich habe immer gerne mit den Studierenden gearbeitet, das fehlt mir jetzt ein wenig. Die Alltagsroutine mit Sitzungen, Verwaltungsaufgaben und Gremienarbeit vermisse ich ehrlich gesagt am wenigsten.

 

AS: Was sind Ihre Forschungspläne für die kommenden zwei Jahre?

DMM: Für die nächsten drei Jahre bin ich schon ziemlich durchgeplant. Ich habe gerade ein neues Forschungsprojekt zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich und Großbritannien begonnen, in dem wir mit unseren afrikanischen Partnern die Politische Ökologie des Entwicklungsprogramms „Great Green Wall“ untersuchen. In diesem Vorhaben unter Federführung der Afrikanischen Union will man einen durchgehenden Grüngürtel von der Atlantikküste bis zum Indischen Ozean quer durch die Sahelländer aufforsten. Wir setzen uns kritisch mit dem „imaginaire“ dieses Großprojektes auseinander und erproben dabei innovative Methoden der Feldforschung. Im März 2023 hatten wir unseren Kick-off im Senegal, im April hat der äthiopische Doktorand Matiwos Bekele bei uns in Bonn angefangen, und im November will ich mit ihm zur Feldforschung nach Äthiopien reisen. Mein zweites großes Projekt ist Teil des Sonderforschungsbereiches Future Rural Africa. Auch hier befassen wir uns mit ökologischen Zukunftsvorstellungen im Rahmen von Staudammprojekten in Kenia und Tansania. Im Juni-Juli 2023 ist ein Forschungsaufenthalt in Tansania zusammen mit einheimischen Kooperationspartnern geplant. Drittens engagiere ich mich aktuell in der Clusterinitiative „Envisioning Ethical Futures“. Hier geht es darum, ein interdisziplinäres Cluster zu konzipieren, das sich aus verschiedenen Fachperspektiven mit ethischen Fragen der Zukunftsgestaltung befassen soll. Die verbindende Klammer zwischen diesen Projekten ist das Thema Zukunft.

 

Herzlichen Dank für das Interview, Prof. Müller Mahn!

Wir wünschen Professor Müller-Mahn für die kommenden Jahre spannende Forschungsprojekte und-reisen und freuen uns auf die Ergebnisse und Berichte.

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