"Die Weisheit der Ahrtaler"

Eine Info- und Mitmachaktion

Die hier dargestellten Forschungsergebnisse basieren auf der ethnographischen Forschung von Susanne Bell, die seit 2022 viele Gespräche mit den Menschen im Ahrtal führt, um ihre Lebenssituation nach der Flut besser zu verstehen.

Bells Forschung sowie diese Aktion sind eingebettet in das Forschungsprojekt SOZIAHR. Das Team von SOZIAHR begleitet seit Mitte 2024 die sozialen, ökonomischen und administrativen Herausforderungen nach der Flut im Ahrtal mit wissenschaftlicher Expertise.

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SOZIAHR © Susanne Bell

Für einen Werkzeugkasten der Flutbewältigung - von Ahrtalern für Ahrtaler!

Drei Jahre nach der Flut möchten wir von Euch wissen:

  • Was waren oder sind Eure größten Herausforderungen?
  • Was hat Euren Bewältigungsweg positiv oder negativ beeinflusst?
  • Wie seid Ihr mit Eurer Situation umgegangen und welche Ratschläge könnt Ihr anderen geben?

Auf dieser Seite findet Ihr einen Überblick der bisherigen Erkenntnisse. Findet Ihr Euch darin gut wieder? Könnt Ihr noch etwas ergänzen? Dann macht mit!

Bisherige Erkenntnisse aus den Gesprächen mit Betroffenen im Ahrtal

Herausforderungen

·       Todesangst
·       Panik, Kopflosigkeit
·       Orientierungs- und Kontrollverlust
·       Hilflosigkeit
·       Traumatisierung
·       Existenzangst
·       Depression
·       Erschöpfung

·       Kaputte Infrastruktur
·       Ungewohnte Situationen
·       Ungewisse Zukunftsaussichten
·       Vertrauensverlust in öffentliche Institutionen
·       Fehlendes Sicherheitsgefühl

·       Trauer um eigene Verluste
·       Sorge um Andere/Mitgefühl
·       Bedrückende Atmosphäre
·       Verlust des Heimatgefühls

·       Verunsicherung durch Unterschiede
·       Benachteiligungsgefühle
·       Schamgefühle
·       Schuldgefühle
·       Statusverlust
·       Neid und Missgunst
·       Verantwortungsgefühle

·       Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
·       Wut auf sich selbst
·       Sozialer Rückzug und Einsamkeit

Ahrweiler, 11. März 2022, Susanne Bell.jpg
Ahrweiler, 11. März 2022 © Susanne Bell

Kontextfaktoren

·       Schuld- und Verantwortungsfrage
·       Infrastrukturaufbau
·       Finanzielle Unterstützung
·       Psychologische Unterstützung
·       Bauauflagen
·       Marktwirtschaftliche Knappheiten

·       Außergewöhnlichkeit der Katastrophensituation
·       Wohnverhältnisse
·       Versicherungsstatus und Fallbearbeitung 
·       Wiederkehrende Alltagsanforderungen
·       Dauerhafte Konfrontation mit Flutfolgen
·       Wetter (v.a. erneuter Starkregen)
·       Ort (sichtbar flutbetroffen oder nicht)
·       Vergangene Zeit seit Flutkatastrophe

·       Soziale Kontakte (Familie, Freunde, Bekannte,…)
·       Gefahrenbewusstsein
·       Erfahrungsschatz
·       Selbstsicherheit
·       Willensstärke
·       Reflektiertheit
·       sozial-emotionale Kompetenz

·       Interpretationen (wann   gilt man als „flutbetroffen“?)
·       Soziale Normen (ist es normal, bei einer Starkregenvorhersage das Auto wegzufahren?) 
·       Handlungswissen für Katastrophensituationen (wo bekomme ich wann welche Hilfe?)
·       Soziale Werte (sollte ich immer stark sein oder auch mal Gefühle zeigen?)
·       Gemeinsame Erinnerungen (wie blicken andere auf die Flutnacht zurück?)

·       Starke Präsenz der Katastrophe (aktive Beschäftigung oder atmosphärisch)
·       Normaler Alltag (bspw. Schule oder Arbeit)
·       Freizeitgestaltung in ganz anderer Atmosphäre (bspw. Kirche, Theater, Fußballstadion)
·       Urlaub außerhalb der Region

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Altenahr, September 2024 © Julia Noppeney

Bewältigungsstrategien

·       Sich ablenken
·       Sich abgrenzen (von Situation, Gefühlen, Verantwortlichkeit u.a.)
·       Versachlichen
·       Humor/Ironie nutzen
·       Verdrängen/Ausblenden/Vermeiden

·       Routinen/Alltagsgestaltung

·       Bewertung von Situationen (bspw. chaotischer Wohnungszustand als übergangsweise okay)
·       Persönliche Identität (bspw. als Flutopfer, Flutbetroffener oder Flutbewältiger)[SB1]
·       Persönliches Umfeld (Freunde, Arbeitsumfeld, Wohnumfeld, …)[SB2]

·       Hilfe aktiv erbitten
·       Hilfe annehmen
·       Öffentliche Hilfsangebote nutzen
·       Sich gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten

·       Sich emotional mitteilen
·       sachlich argumentieren
·       sich mit anderen vergleichen und relative Betroffenheit erfassen
·       sich von anderen beruhigen lassen
·       Vertrauen in andere haben
·       Sich mit anderen verbunden fühlen
·       mit anderen mitfühlen und Verständnis aufbauen

·       Tatkräftig sein
·       Pragmatisch, zielorientiert und kreativ denken
·       Sich selbst reflektieren
·       Unangenehmes akzeptieren (Ambiguitätstoleranz)
·       Geduld haben
·       Genügsam sein
·       Dankbar sein
·       Stolz sein
·       Vorsorge treffen für künftige Ereignisse
·       Positive Erfahrungen mit Natur, v.a. Wasser

Bad Bodendorf, 30. September 2023, Susanne Bell(1).jpg
Bad Bodendorf, 30. September 2023 © Susanne Bell
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